
Schadenersatz wegen LKW-Kartell – Prozessfinanzierung möglich
Wie schon mehrfach aus Berichten der Medien zu entnehmen war, hat die EU-Kommission mit Bußgeldbescheid vom 19.07.2006 gegen das Lkw-Kartell eine erhebliche Strafe von ca. 2,93 Milliarden €. verhängt. Die Hersteller Daimler, Volvo/Renault, Iveco, DAF und MAN hatten im Zeitraum von 1997 bis 2011 Verkaufspreise für Lastwagen über 6 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht abgesprochen. Lediglich der Hersteller MAN ging straffrei aus, da er als Hinweisgeber von der sogenannten Kronzeugenregelung profitierte. Gegen den weiteren Hersteller Scania sind die eingeleiteten Verfahren noch nicht abgeschlossen. Hierzu stehen abschließende Entscheidungen noch aus.
Dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass gegen die Hersteller Daimler, Volvo/Renault, DAF, Iveco und MAN gesonderte Schadensersatzansprüche sämtlicher Abnehmer von mittelschweren und schweren Lkw geltend gemacht werden können. Hiervon sind vor allem Speditionen, Vermieter, Fuhrunternehmen sowie Leasingnehmer betroffen, zumal davon auszugehen ist, dass unzulässige Preisabsprachen zu überhöhten Verkaufspreisen und/oder überhöhten Leasingraten führten. Zwar ist davon auszugehen, dass für jeden Einzelfall ein Schaden im Rahmen eines wettbewerbsökonomischen Gutachtens festzustellen ist, jedoch kann bislang zugrunde gelegt werden, dass eine Preisspanne der Überhöhung von ca. 10 – 20 % (Mittelwert 15 %) vorliegt. Der Schaden pro Lkw liegt somit bei ca. 15 % des Kaufpreises, die durch den betroffenen Abnehmer im Wege des Schadensersatzes gegen die betroffenen Lkw-Hersteller (Kartellanten) geltend gemacht werden können.
Zur Zeit wird versucht, im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen mögliche, einvernehmliche Regeln der Betroffenen gegen die Kartellanten durchzusetzen. Bisweilen liegen hier jedoch noch keine abschließenden Stellungnahmen vor, so dass fraglich ist, ob überhaupt in nächster Zeit außergerichtliche und einvernehmliche Regeln getroffen werden können. Denn trotz der während des Laufs des EU-Kartellverfahrens eingetretenen Verjährungshemmung gilt, dass diese Hemmung grundsätzlich sechs Monate nach bestandskräftigem EU-Bußgeldbescheid enden wird, und zwar für alle Ansprüche aus der Zeit zwischen 1997 und 2001. Danach entstandene Ansprüche aus erworbenen Lkws ab 2002 verjähren schrittweise mit dem Folgejahr. Infolge dessen ist für die betroffenen älteren Lkws Eile geboten.
Hinzu kommt, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, das mit einer weiteren Auseinandersetzung zu beachtende Kostenrisiko zu vereinfachen. Natürlich ist jegliche, individuelle Rechtsdurchsetzung auf eigene Kosten immer möglich. Daneben besteht auch die Möglichkeit, mehrere Geschädigte zusammenzufassen und die Kosten für Gutachten und eine prozessuale Auseinandersetzung zu teilen.
Zudem stehen wir mit maßgeblichen Prozessfinanzierern in Verhandlungen, die bereits angekündigt haben, die Finanzierung eines gerichtlichen Verfahrens gegen Erfolgsbeteiligung zu übernehmen. Auch hier gilt, dass damit verbundene Verhandlungen um so erfolgreicher sind, desto mehr Beteiligte auftreten.
Da in Deutschland die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der Geschädigten des Lkw-Kartells praktisch ohne Rechtsanwalt ausgeschlossen ist, da in den hierfür beabsichtigten Verfahren die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte gegeben ist, besteht Anwaltszwang. Wir stehen Ihnen daher mit Rat und Tat zur Durchsetzung Ihrer Rechte zur Verfügung. Dabei bitten wir Ihre Ursprungsrechnungen, Kauf- und/oder Leasingverträge hinsichtlich der erbrachten Leistungen vorzulegen, zumal behauptete Ansprüche zunächst einschlägig zu belegen sind.
Abschließend geben wir den Hinweis, dass alle Kartellanten untereinander als Gesamtschuldner haften. Dies bedeutet, dass gegen jeden einzelnen Lkw-Hersteller der Schadensersatzanspruch für alle betroffenen Lkw geltend gemacht werden kann. Natürlich kann der Anspruch nur einmal erhoben werden, jeder der Kartellanten haftet als Gesamtschuldner auf das Ganze. Indes ist unter den Kartellanten untereinander Ausgleich und Regress zu nehmen.
Mitgeteilt von: Rainald Frinken, Rechtsanwalt
17.11.2016