Besser spät als nie? Besser pünktlich!

(Zur Anwendbarkeit der 40-Euro-Schadensersatzpauschale auf Arbeitsentgeltansprüche (Urteil LAG Köln vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16)

Bereits 2014 hatte der Gesetzgeber dort, wo sonst eher selten Veränderungen zu erwarten sind, einige unscheinbare Ergänzungen vorgenommen, die sich nun immer mehr ihren Weg durch die gerichtliche Praxis bahnen.

Unter der Vorgabe, die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr zu stärken und insbesondere den Mittel- stand vor Liquiditätsengpässen zu schützen, sind die Regelungen zum Schadensersatz bei Verzug ein- schneidend „angereichert“ worden. Hintergrund war hierbei auch die Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie (2000/35/EG).

Zu begrüßen war bereits die Anhebung des Verzugszinses bei Geschäften ohne Beteiligung von Verbrau- chern auf nunmehr 9%-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB. Hierbei kann es sich aber auch nur um einen Mindestschaden handeln, denn § 288 Abs. 3 BGB lässt die Geltendmachung eines höheren Verzugszinses ebenso zu, wie die Geltendmachung weiterer, verzugsbedingter Schäden.

Schließlich gewährt § 288 Abs. 5 BGB dem Gläubiger einer Entgeltforderung im Verzugsfalle einen wei- teren Schadensersatzanspruch von pauschal 40,00 EUR, wenn der Schuldner kein Verbraucher ist.

Erhebliche praktische Relevanz hat dies, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitslohn verspätet erhält und sich die Frage stellt, ob er nunmehr die Pauschale von 40,00 EUR gegenüber seinem Arbeitgeber verlangen kann.

Da im Arbeitsrecht, anders als im allgemeinen Zivilrecht, grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten besteht, ergeben sich begründete Zweifel, ob die gesetzliche Neuregelung auch im arbeitsrechtlichen Streitigkeiten „durchschlägt“ oder dort im Hinblick auf einen fehlenden Anspruch auf Erstattung außergerichtli-cher Rechtsverfolgungskosten die Pauschale von 40 Euro entfällt.

Erst einige wenige Arbeitsgerichte hatten sich bisher mit dieser Frage auseinanderzusetzen und unter Verweis auf die Besonderheit der Kostenerstattung im Arbeitsrecht den Anspruch auf die Pauschale verneint. Dem Gesetzgeber wurde hierbei eine unbeabsichtigte, planwidrige Regelungslücke unterstellt, sodass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die (analoge) Anwendung des § 12a ArbGG, aus dem der fehlende Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten hergeleitet wird, die Zahlung der Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB auf Arbeitsentgeltansprüche ausschließe.

Die 12. Kammer des LAG Köln hat diese Rechtsfrage nunmehr erstmals obergerichtlich entschieden und die Anwendbarkeit der 40-Euro-Pauschale auf verspätetes Arbeitsentgelt bejaht.

Der gesetzliche Anspruch auf eine Pauschale für Verzugsschäden nach § 288 Abs. 5 BGB greift auch bei Lohn und Gehalt, so das Gericht. Eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht besteht nicht. Vielmehr handelt es sich bei der 40-Euro-Pauschale um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung – die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen – spreche für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.

Die Bedeutung ihrer Entscheidung haben die Kölner Richter jedoch nicht verkannt und die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Mitgeteilt von: Jens Bühner, Rechtsanwalt LLM. EUR.
06.01.2017

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