Übernahme von Mietschulden – Verpflichtungserklärung muss ausreichend bestimmt sein

Das LG Berlin (67 S 408/16) hat sich im Rahmen eines Beschlusses zur Gewährung von Prozesskostenhilfe zu den Anforderungen an eine Verpflichtungserklärung zur Übernahme von Mietschulden durch eine öffentliche Stelle geäußert.
In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte das Amtsgericht die beklagte Wohnungsmieterin zur Räumung der Wohnung und Zahlung rückständiger Mieten verurteilt, obwohl die Beklagte eine Verpflichtungserklärung des für sie zuständigen Jobcenters vorlegte. Dem Amtsgericht genügte die vorgelegte Erklärung, Mietschulden „nach aktuellem Stand“ zu übernehmen nicht den erforderlichen Voraussetzungen einer solchen Verpflichtungserklärung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 Alt. 2 BGB.
Das LG hat sich dieser Auffassung angeschlossen und erklärt: „An einer solchen Verpflichtungserklärung fehlt es vorliegend, da ihr angesichts der allgemein gehaltenen Erklärung, die Mietschulden der Antragstellerin für die streitbefangene Wohnung “nach aktuellem Stand” zu übernehmen, nicht entnommen werden kann, welche konkreten offenen Beträge die Verpflichtungserklärung umfasst. Voraussetzung für eine gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 Alt. 2 BGB ist eine klare und eindeutige Erklärung innerhalb der Schonfrist, ebenso wie die laufenden Zahlungen die zum Zeitpunkt der Abgabe offenen Rückstände zu übernehmen.

Bedeutung für die Praxis:
Ein Räumungsrechtsstreit wegen Mietrückständen ist sowohl für den Mieter als auch den Vermieter ärgerlich. Der Mieter droht seine Wohnung zu verlieren, der Vermieter seine fest eingeplanten Mieten. Mit § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB hat der Gesetzgeber beiden Parteien ein Instrument an die Hand gegeben, in bestimmten Fällen die negativen Folgen für beide Seiten zu begrenzen. Wenn § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eingreift, wird die grundsätzlich wirksame Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsrückstands unwirksam und die Räumungsklage wird mit Kostenlast für den Mieter abgewiesen; dies aber nur, wenn der Vermieter zuvor innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage hinsichtlich des bestehenden Mietrückstandes vollständig befriedigt wurde oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet.
Für den Mieter ist grundsätzlich von erheblicher Bedeutung um in den Genuss der Rechtsfolge von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB  zu kommen, die bestehenden Mietrückstände rechtzeitig und vollständig auszugleichen, entweder durch eigene Zahlung oder der Vorlage einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle. Diese muss nach der heir besprochenen Entscheidung jedoch die bestehenden Rückstände explizit benennen, es reicht nicht der Verweis auf Mietrückstände „nach aktuellem Stand“. Um seine Wohnung zu erhalten, sollte der Mieter daher die ihm von der öffentlichen Stelle ausgehändigte Verpflichtungserklärung dahin gehend prüfen, ob der tatsächlich bestehende Mietrückstand aufgeführt wird. Ohne Entsprechende Information der öffentlichen Stelle über die aktuellen Rückstände, die von der Klageforderung durchaus abweichen können, besteht die Gefahr, dass die Verpflichtungserklärung fehlerhaft ist und somit der Rechtsstreit verloren geht.

Für den Vermieter bedeutet die Vorlage einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle, dass der zur Kündigung berechtigende Rückstand ausgeglichen wird. Das Vollstreckungsrisiko gegen den schon säumigen Mieter wird aufgehoben und das Mietverhältnis besteht weiterhin. Da in der Regel eine Verpflichtungserklärung seitens der öffentlichen Stelle nur dann abgegeben wird, wenn auch zukünftig laufende Mietzahlungen gesichert sind, sollte der Vermieter seien Mieter jedenfalls insoweit unterstützen, als dass der aktuelle Mietrückstand – auch wenn noch nicht gerichtlich geltend gemacht – dem Mieter mitgeteilt wird. Ebenso sollte der Vermieter die vom Mieter vorgelegte Verpflichtungserklärung umgehend überprüfen, um soweit gewünscht, in den Genuss des Mietausgleichs zu kommen. Die Vollstreckung gegen einen Mieter, der eine fehlerhafte Verpflichtungserklärung vorlegt, wird sehr wahrscheinlich mangels bestehendem Vermögens aussichtslos sein.

Sobald Mietrückstände entstehen ist es daher sowohl für Mieter als auch Vermieter erforderlich, zu handeln. Wir können Ihnen bei den notwendigen Schritten helfen.

Mitgeteilt von: Sven Boelke, Rechtsanwalt
01.06.2017

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