
Von der „Edelsteinbank“ und „Geldwäschezertifikaten“
Finanzdienstleistungen und unlauterer Wettbewerb im Jahresbericht der Wettbewerbszentrale für das Jahr 2016
Wie bereits im Vorjahr an dieser Stelle berichtet bietet der turnusgemäß erstellte Jahresbericht der Wettbewerbszentrale wiederum einen aufschlussreichen Überblick über aktuelle Tendenzen und Entwicklungen einschließlich europäischer Rechtsbezüge. Von mehr als 10.900 bearbeiteten Sachvorgängen im Jahre 2016 (konkret handelt es sich um Anfragen und Beschwerden) betreffen erneut mehr als die Hälfte Werbe- und Vertriebsfälle im Internet.
Die Fallgruppe der Verstöße gegen Marktverhaltensregelungen (etwa solche der Handwerks- oder Gewerbeordnung oder des Heilmittelwerbegesetzes) betreffen ein gutes Viertel der bearbeiteten Sachverhalte und belegen die weiterhin hohe, praktische Relevanz. Dies im Gegensatz zum früheren „Dauerbrenner“, sogenannter belästigender Werbung, das heißt unerlaubte Telefon-, Fax- oder E-Mail-Werbung, die in der Rechtspraxis nachhaltig rückläufig ist.
Der Bericht der Wettbewerbszentrale ist, wie gewohnt, nicht arm an lehrreichen, mitunter streitbaren aber stets interessanten Streitfällen:
Die „Edelsteinbank“
Eine nach handelsregisterlicher Eintragung als Vermögensverwaltung und Beteiligungen an anderen Gesellschaften operierende Firma bewarb ihre Leistungen online „blickfangmäßig“, u. a. mit der Herausstellung des Begriffs „Edelsteinbank“. Potentielle Interessenten sollten hierdurch für die Bereiche „Sachwertinvestments“, Gold, Schmuck etc. gewonnen werden. Der Begriff „Edelsteinbank“ wurde wiederholend benutzt.
Tatsächlich besitzt die handelnde Firma keine Bankerlaubnis nach dem Kreditwesengesetz, so dass die Verwendung des Wortes „Bank“ als Verstoß gegen das Kreditwesengesetz (§ 93 Abs. 1 KWG) aufgefasst werden kann. Dieses Gesetz wiederum ist Schutzgesetz im Sinne des UWG, womit Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel indiziert wäre.
Von der Wettbewerbszentrale wurde die operierende Firma auf Unterlassung der Bezeichnung „Edelsteinbank“ ohne entsprechende Bankerlaubnis beim Landgericht Berlin in Anspruch genommen (Az.: 16 O 368/16). Unmittelbar vor dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung gab die beklagte Firma eine Unterlassungserklärung ab, zu einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Sache kam es hiernach nicht.
„Kautionsversicherung“
Dass bei Textwerbung mitunter jedes Wort „auf die Goldwaage“ gelegt werden muss, ist nicht neu. Ebenso sollte es sich herumgesprochen haben, dass die Werbung mit sogenannten Alleinstellungsmerkmalen ein Wandeln auf „dünnem Eis“ darstellt.
Ein Versicherungsmaklerunternehmen, welches auf seiner Internetseite mit dem Abschluss der „günstigsten Kautionsversicherung auf erstes Anfordern“ behauptet, wird sich über die folgerichtige Abmahnung der Wettbewerbszentrale kaum gewundert haben dürfen. Möglicherweise wurde die (kurze) mediale Aufmerksamkeit auch aus Marketinggründen einkalkuliert. Unzulässig ist eine solche Werbung jedenfalls unfraglich, wenn sich leichterdings nachweisen lässt, dass es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Werbung andere Anbieter mit preislich gelichwertigen oder gar noch günstigeren Versicherungen gab.
Das „Geldwäschezertifikat“
Einigermaßen bizarr wirkt das gerichtlich aufgearbeitete Geschäftsgebaren eines Seminaranbieters, der „Informationsseminare zum Thema Geldwäscheprävention“ anbot. Gerichtet an Immobilienmakler und Geldwäschebeauftragte im Autohandel wurde im Falle des erfolgreichen Abschlusses des Seminars die Erteilung eines für drei Jahre gültigen „Zertifikats“ in Aussicht gestellt, wobei ergänzend suggeriert wurde, dass die betroffenen Personenkreise diesbezüglich der Pflicht zur Erbringung eines Schulungsnachweises unterliegen.
Das Geschäftsgebaren war hiernach aus mehreren Gründen dem Vorwurf der Unlauterkeit ausgesetzt. Weder gibt es eine entsprechende Schulungs- oder Nachweispflicht, zudem handelt es sich bei dem zu erteilenden „Zertifikat“ offenkundig um eine Erfindung des Seminarbetreibers. Schließlich entbehrt auch die auf drei Jahre limitierte Gültigkeit des Phantasiezertifikats jeder Grundlage.
Soweit ersichtlich, ist der diesbezüglich eingeleitete Rechtsstreit beim Landgericht Köln, 33 O 149/16, bisher noch unentschieden. Ersichtlich ist aber, dass das abgemahnte und auf Unterlassung in Anspruch genommene Unternehmen seine Werbepraxis mittlerweile angepasst hat, mutmaßlich in Vorausschau der Entscheidung.
„Schufa-Hinweis“
Abschließend erinnern wir an dieser Stelle an die leidliche Thematik sogenannter Schufa-Hinweise in Mahnschreiben der Inkassounternehmen. Wie bereits dargelegt, erfüllen die Hinweise unter Umständen den Tatbestand unlauteren Geschäftsgebarens, stellt in Einzelfällen sogar eine strafrechtlich relevante Nötigung dar.
Widerspricht ein Adressat der ihm gegenüber gemahnten Forderung verbietet sich eine Folgemahnung mit erneutem „Schufa-Hinweis“ mangels rechtlicher Grundlage und stellt zumindest wettbewerbsrechtlich sowohl eine unsachliche Einflussnahme als auch eine Irreführung dar. In einer aktuellen Entscheidung des LG Köln ist nunmehr in aller Deutlichkeit zu lesen: „“Die Belehrung (gemeint ist der erneute Schufa-Hinweis) nach bereits erfolgtem Widerspruch gegen die Forderung kann nur so verstanden werden, dass der in Anspruch Genommene glauben müsse, „die interessieren sich nicht für meinen Widerspruch“, und zahle womöglich aus Angst vor der Schufa-Mitteilung“. Hiernach wurde das Inkassounternehmen zur zukünftigen Unterlassung eines derartigen Hinweises nach erfolgten Widerspruch bzw. Bestreiten verurteilt.
Mitgeteilt von: Jens Bühner, Rechtsanwalt LLM. EUR.
13.06.2017